Spieglein, Spieglein
Werke des Bildhauers Rainer Kurka
Sie machen den Eindruck, als wären sie nach realen Vorbildern entstanden. Die meist weiblichen Terrakottafiguren des Bildhauers Rainer Kurka blicken den Betrachter auffordernd, nachdenklich oder melancholisch an. Manchmal sind gleich mehrere Gemütsregungen in den Gesichtern zu erkennen, die zusätzlich durch individuelle Details, wie Äderchen und Sommersprossen, faszinieren. Die Haltung der lebensgroßen Gestalten wirkt natürlich, nicht inszeniert: mal starrer, mal lässig. Obwohl die Vermutung nahe liegt, handelt es sich bei den Arbeiten des Künstlers nicht um tatsächliche Porträts. Die Figuren sind Gestalten der Phantasie.
Als Interventionen in der Dauerausstellung sind ausgewählte Skulpturen Kurkas im Eisenkunstguss Museum Büdelsdorf zu sehen. Sie stehen im Dialog mit den gusseisernen Personendenkmälern des 19. Jahrhunderts.
In ihrer Mehrdeutigkeit und Vielschichtigkeit erschaffen die zeitgenössischen Arbeiten nicht nur einen intensiven Spannungsbogen zum Betrachter. Als Interventionen öffnen sie in der Gegenüberstellung mit den gusseisernen Personendenkmälern des 19. Jahrhunderts zudem ein ganz neues Spannungsfeld zwischen idealisierten, realistischen und individuellen Darstellungen von Menschen.
In welcher Gestalt wird der Mensch in der Skulptur des 19. Jahrhunderts im Gegensatz zu heute festgehalten? Welche Ansprüche und äußeren Einflüsse veranlassen Künstler*innen damals und heute dazu, den Menschen in einer bestimmten Form darzustellen? Geben Porträts des 19. Jahrhunderts die reale Gestalt der dargestellten Person wieder oder spielte auch hier die Fantasie des Künstlers die größere Rolle?
Mit ihrer Platzierung in der Dauerausstellung und damit inmitten der gusseisernen Objekte des 19. Jahrhunderts bewirken die Arbeiten Kurkas einen bewussten Bruch. Der Kontrast ermöglicht einen anderen Blick und Zugang sowohl auf die älteren als auch auf die jüngeren Objekte. Der Vergleich zwischen den zeitgenössischen Skulpturen und den Bildnissen des 19. Jahrhunderts sorgt für die Auseinandersetzung mit Zeitgeist, Zeitgeschmack und gesellschaftlichen Entwicklungen damals und heute.
Über den Künstler:
Rainer Kurka wird in Erlangen geboren. Bereits im Alter von 15 Jahren erlernt er die Sandstein-Bildhauerei. Mit dem Schwerpunkt Plastisches Gestalten studiert er Architektur an der TU Darmstadt und Università degli Studi di Firenze. Nach dem Abschluss arbeitet er als Künstlerischer Mitarbeiter am Fachgebiet Plastisches Gestalten der TU Darmstadt sowie als Dozent an der FH Wiesbaden am Fachbereich Gestaltung. Als freischaffender Künstler lebt und arbeitet Rainer Kurka seit 2009 in Berlin.